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Riding Mountain National Park: Gegensätze

Der Abzweig führt auf eine Schotterpiste. Noch knapp 30 km und wir haben unser Ziel, den rustikalen Zeltplatz am Lake Audy erreicht. Rustikal heißt minimaler Komfort - Plumpsklo und kaltes Wasser - aber Natur pur. So die Theorie. Leider ist das Wasser abgestellt und unsere Wasservorräte reichen nur bis morgen.
Riding Mountain National Park
© Copyright Silke Rameken 2021

Kleine Tiere, große Tiere

Jetzt gilt es keine Zeit zu verlieren. Schnell bauen wir unser Zelt auf und setzen uns wieder ins Auto, um die Bisonherde zu suchen, die uns in den Riding Mountain National Park gelockt hat.
Wir fahren zur Aussichtsplattform des Geheges. Dort werden wir mit Geschrei und Gezetter begrüßt. Schwalben nisten unter dem Dach. Hektisch fliegen die kleinen Düsenjets rein und raus.
Plötzlich entdecken wir einen Kojoten, der über die Weide trabt. Wir verfolgen jeden seiner Schritte, er ignoriert uns. Er bleibt stehen und schnüffelt. Dann hebt er den Kopf und lauscht. Irgendwann trabt er weiter.
Mir fällt wieder ein, wieso wir eigentlich hier sind: die Bisonherde. War das Freigehege nicht zweiteilig? Vielleicht sind die Tiere im anderen Teil. 
Bisonherde
© Copyright Silke Rameken 2020
Wir steigen wieder in den Wagen und folgen der Piste in die andere Richtung. Wir überqueren ein Wildtiergatter. Die Straße macht eine leichte Kurve und führt auf eine Weidefläche. Wir haben die Bisonherde gefunden. 
Langsam fahren wir auf die Tiere zu. Der imposante Bulle hebt den Kopf. Das Signal für uns, stehen zu bleiben. Mein Mann schaltet den Motor aus. Bewegungslos sitzen wir im Auto und schauen. Bis auf den Bullen scheint niemand von uns Notiz zu nehmen. Aber er flöst mir Respekt ein. Ein ausgewachsenes Tier bringt mehrere Hundert Kilogramm auf die Waage.
Fast unmerklich bewegt sich die Herde über die Weidefläche. Das Fell der Tiere glänzt im Licht der Abendsonne. Ein Kalb springt ausgelassen umher. Gerne würde ich jetzt aussteigen und mich zu ihnen ins Gras legen.

Zurück in die Zivilisation

Am nächsten Morgen packen wir unser Zelt zusammen und fahren zum großen Campingplatz in Wasagaming. Erste Ernücherung, der Platz ist riesig.
Während wir am Lake Audy direkt am See gezeltet haben, ist hier der Weg zum Wasser deutlich weiter. Um den Weg zum See abzukürzen, nehmen wir den „Hinterausgang“, eine beschrankte Zufahrt für Rettungsfahrzeuge. Um zum Haupteingang zu gelangen, hätten wir den kompletten Campingplatz überqueren müssen. Ein zehnminütiger Fußmarsch.
Zwischen den privaten Ferienhäusern finden wir einen Zugang zum Wasser. Wir flanieren zum Ortskern, eine Ansammlung von Ferienhäuser, Appartements, Restaurants und Coffee Shops.
Wasagaming Riding Mountain National Park
© Copyright Silke Rameken 2021
Wir spazieren weiter zu einer Landzunge. Der Wind pfeift uns um die Ohren. Was wir für Schaum am Uferrand gehalten haben, sind Reste von Eisblöcken. Mein Mann fischt ein fußballgroßes Stück aus dem Wasser. Auf der Schattenseite des Sees schlittern wir über gefrorenen Schnee. Der letzte kanadische Winter muss sehr kalt gewesen sein.
Wasagaming ist nicht unsere erste Wahl. Aber wir lernen den Komfort zu schätzen. Die Waschräume und Duschen sind beheizt und im lokalen Diner gibt es sehr gut Hausmannskost.

Weiter Richtung Norden

Nach zwei Tagen Luxus-Camping fahren wir weiter Richtung Norden. Die Straße führt steil bergab. Wir schauen auf eine Ebene und die Häuser der Kleinstadt Dauphin. Erst hier nehmen wir bewusst wahr, dass der Nationalpark auf einem Hochplateau liegt.
Dauphin wirkt wie ein beschauliches Städtchen am Ende der Welt, dabei war der Ort in den 70er Jahren seiner Zeit weit voraus. Damals wurde ein Experiment durchgeführt. Den ärmsten Familien wurde über vier Jahre ein garantiertes Mindesteinkommen gezahlt. Schade, wie so oft, ist eine gute Idee im Sande verlaufen.

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