Direkt zum Hauptbereich

Ich habe noch Sand in den Schuhen

Die geraden Straßen Manitobas lullen ein. Irgendwann dämmert es mir, dass wir den Abzweig zum Highway 5 verpasst haben müssen. Ich schalte unser Navigationsgerät ein. Ja, wir sind zu weit gefahren und müssen wenden. Unser Ziel ist der Spruce Woods Provincial Park, eine Empfehlung der Touristeninformation Winnipeg. Im Park könne man Sanddünen erklimmen, hatte man uns erzählt.
Es ist Vorsaison, der Campingplatz fast menschenleer und wir haben die Qual der Wahl. Wo wollen wir unser Zelt aufschlagen? Wir entscheiden uns für eine Parzelle mit Blick aufs Wasser. Unsere einzigen Nachbarn zwei Kanadagänse.
Spirit Sands
©Copyright Silke Rameken 2021

Spirit Sands und Devils Punch Bowl

Die Spirit Sands seien keine Wüste, steht auf einer Hinweistafel. Es gäbe hier zu viel Feuchtigkeit. Ich sehe nur Dünen und ein paar Büsche. Es ist heiß, nur die vor uns liegende Hütte bietet Schatten und meine Schuhe sind voller Sand. Das ist also keine Wüste?
Vor 15.000 Jahren war eine Fläche größer als der Regierungsbezirk Düsseldorf mit Sanddünen bedeckt. Vier Quadratkilometer Sand sind davon übrig geblieben. Aufgrund der hohen Feuchtigkeit hat die Vegetation Stück für Stück die Dünen besiedelt. Auch die letzten Quadratkilometer Sand werden irgendwann bedeckt sein. Während in anderen Teilen der Erde der Sand die Landschaft erobert, passiert hier genau das Gegenteil, der Sand verschwindet.
Wir wandern weiter und die Landschaft verändert sich. Lichte Espen-Wäldchen lösen die Dünen ab. Endlich Schatten! Wir laufen über Grasflächen, sehen Brandspuren. Spuren kontrollierter Feuer?

Spirit Sands
©Copyright Silke Rameken 2020

Unser nächstes Ziel Devils Punch Bowl, eine 45 Meter tiefe Senke. Am Fuß der Senke schimmert ein grünlicher Teich. Ein unterirdischer Fluss gewährt uns hier einen kurzen Einblick.
Von einer Anhöhe aus sehen wir in der Ferne den Assiniboine River. Der Fluss schlängelt sich noch mehrere hundert Kilometer durch Manitoba bis er sein Ziel, den Red River in Winnipeg, erreicht.
Müde kehren wir zum Zelt zurück. Ich lasse mich in meinen Campingstuhl fallen, drehe Schuhe und Socken auf links und denke an das Lied von Batac Illic „Ich habe noch Sand in den Schuhen aus Hawai“.

Beliebte Posts aus diesem Blog

Unterwegs mit dem Canadian: Warten auf ...

Die Panorama Lounge der Toronto Union Station platzt aus allen Nähten. Wer jetzt noch kommt, muss auf einer der Fensterbänke oder auf dem Boden sitzen. Zwischen all den Reisenden schwirrt ein VIA Rail Mitarbeiter umher. Er redet auf die Leute ein und verteilt kleine, gelbe Märkchen. Irgendwann steht er vor uns. Er erklärt uns etwas von rollierenden Essenszeiten, dass jeder Mal früher oder später essen gehen müsse. Fairness geht in Kanada vor, auch bei den Mahlzeiten! Das Essen scheint also gesichert zu sein. Leider weiß niemand, wann der Zug abfährt. Eigentlich hätte es gestern Abend schon losgehen sollen, aber es gab Probleme auf der Strecke, so die Information von VIA Rail. Wir stecken unsere Essensmarken ein, machen es uns in unseren Sesseln wieder bequem und warten. Es ist für mich nicht ersichtlich wieso, aber es kommt Bewegung in die Menge. Wir folgen der Masse Richtung Untergeschoss. Vor dem Aufgang zum Bahnsteig gibt es für jeden ein Lunchpaket und eine Wasserflasche. Irritier

Hinterm nächsten Hügel links

Sind wir in eine Geisterstadt geraten? Kreuz und quer fahren wir durch Gravelbourg, aber niemand ist zu sehen. Obwohl verboten, umrunden wir die Verkehrsinsel vor der Kathedrale. Aber auch das lockt niemand auf die Straße. Vor dem Lebensmittelgeschäft ebenfalls gähnende Leere. Das macht aber Sinn, denn das Geschäft ist geschlossen. Dumm nur für uns, denn hier wollten wir unsere Vorräte auffüllen. Wir betreten einen trostlosen und menschenleeren Subway. Scheinbar der einzig geöffnete Laden weit und breit. Wahllos bestelle ich etwas und setze mich an einen Tisch. Jemand betritt den Fast-Food-Laden. Ihm werden noch einige andere folgen. Es gibt also doch Menschen in Gravelbourg, was uns irgendwie beruhigt. Aber keiner von ihnen will bleiben. Alle parken nahe der Eingangstür, kommen rein, bestellen, nehmen ihr Essen und gehen wieder. Ich kann sie gut verstehen. Im Auto werfen wir einen Blick auf die Tankanzeige. Haben wir wenigstens genügend Sprit? Zum Glück ja, denn eine Tankstelle gibt